Die Lage war sichtlich angespannt. Aang und seine Freunde konnten nur ahnen, wer mit "Delfin" gemeint war. Wahrscheinlich ein weiterer Typ mit einer Tiermaske. Deshalb achteten sie besonders auf ihre Umgebung. Zu ihrem Glück kündigte sich jedoch der Delfin mit einer ganz besonderen Begrüßung an. Er kam auf einer Welle surfend durch einen der Eingänge gedüst und steuerte direkt auf Aang zu. Dieser wich seinem Wasserstrahl gerade noch so aus und sah dem äußerst imposanten Schauspiel gebannt zu. Delfin war, wie sein Name bereits verriet, ein Wasserbändiger. Und scheinbar ein sehr talentierter.

 

Mit Leichtigkeit bewegte sich das neue Gesicht - oder besser gesagt, die neue Maske - zwischen die Fronten und kam mit einem lauten Platscher zum Stehen. Sein Auftritt hatte jedoch Folgen. Unmittelbar nachdem er sich den imaginären Staub von den Armen wischte, beäugte er neugierig die Anwesenden - die allesamt pitschnass waren. "Oh, sorry. Mein Fehler!" kratzte sich die Gestalt an ihrem Hinterkopf und lachte schnippisch. Damit wurde klar, wie ernst die Entschuldigung dem Typen wirklich war und er musste sich ein Lachen zwangsweise verkneifen.

 

Auch wenn man ihre Gesichter nicht sehen konnte, so spürte besonders Toph, dass die beiden Vögel sichtlich verdutzt waren. Ihr Freund war wohl jemand, der nicht sonderlich leicht erziehbar war. Der Falke atmete tief ein, um seinen Frust hinunterzuschlucken und der Kolibri konnte nur mit dem Kopf schütteln. Wer hatte den Freak nochmal in die Organisation eingeschleust? Missmutig starrte sie ihn weiterhin an und wartete auf seine Reaktion. 

 

Dann geschah etwas, womit wohl keiner der Anwesenden gerechnet hätte - und was wahrscheinlich auch so nie geplant war. Delfin nahm seine Maske auf einmal ab und wischte sich mit seinem Handrücken über sein verschwitztes Gesicht. Während dieses kurzen Momentes schluckte Katara schwer; er hatte eindeutig das Gesicht eines Jungen vom Wasserstamm. "Puh, unter dem Ding ist es eindeutig zu heiß. Wir sollten uns nach Alternativen umsehen, Leute", jammerte er und schob sich die graue Maske zurück auf sein Gesicht. Aang sah aus dem Augenwinkel, wie die Kinnlade des Falken sich bereits gen Boden verabschiedete.

 

Doch der Delfin legte noch einen drauf. Er wandte sich der Dreiergruppe zu und schnipste mit dem Finger, um deren Aufmerksamkeit zu erhaschen. Dann legte er den Kopf schief und rief: "Ich bin Raiden vom 'Goldenen Efeu' und wir werden sicherlich viel Spaß zusammen haben. Wer von euch war noch gleich der Avatar?"            

 

"DU HÄLTST JETZT SOFORT DEINE KLAPPE!"

 

Es war voraussehbar, dass der Falke sich dieses Missverhalten nicht weiter gefallen lassen wollte, und so feuerte er einen kopfgroßen Steinbrocken auf seinen Verbündeten, um ihn ruhig zu stellen. Dieser wurde von dem Angriff so sehr überrascht, dass es ihn bis vor die Füße der Feinde beförderte und er dort jämmerlich am Boden kauerte. Sofort sah Toph ihre Chance und machte Raiden dingfest, indem sie ihm mithilfe zweier Felsen an den Boden kettete und ihn damit als Geisel nahm.

 

Man sah, wie der Kolibri sich mit der flachen Hand gegen die Maske schlug. Sie war schließlich diejenige, die sich mit dem Delfin, der soeben feierlich seine wahre Identität preisgegeben hat, im Vorteil fühlte. Und nur wenige Momente später war er der erste, der in die Fänge des Avatars geriet. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.

 

Katara beobachtete Raiden aus sicherer Entfernung. Sie konnte es nicht fassen, dass jemand aus ihren eigenen Reihen sich einer solch verbrecherischen Truppe anschloss. Goldener Efeu? Ein sehr heroischer Name für die Schandtaten, die sie verübten. Katara musste sich wirklich beherrschen, um nicht vor Wut und Scham auf den Gefangenen loszugehen. Doch der dachte gar nicht daran, sich kampflos zu ergeben.

 

Toph spürte, wie sich seine Muskeln plötzlich anspannten und er mit bloßer Manneskraft einen der Felsen zerschmetterte. Kein Bändigen, allein pure Stärke half ihm in nur wenigen Sekunden zur Freiheit. Auch der zweite Arm war schneller aus dem Gestein gezogen, als das Team Avatar gucken konnte. Der Delfin mochte vielleicht ein Idiot sein, war allerdings unglaublich gefährlich und durfte nicht unterschätzt werden.


"Solche Nummern bringen nichts gegen den stärksten Kapitän vom Goldenen Efeu", lachte er und man sah den Kolibri hinter ihm erleichtert aufseufzen. Genau in diesem Moment wurde Aang von einer steinernden Kette gefangen, die sich fest um seinen Körper schlang und ihn damit stark in seiner Atmung eingrenzte.    

 

"Kolibri, kümmer dich um den Abschaum. Delfin, du kommst mit mir." Nickend nahmen die beiden Maskenträger die Befehle ihres Anführers entgegen, der sich in einer flinken Bewegung den Avatar schnappte. Dieser konnte nur mit den Füßen in die Luft trampeln, um sich zu wehren. Es brachte ihm jedoch nicht viel und schon im nächsten Atemzug war er aufgrund des Sauerstoffmangels bewusstlos. 

    

Es ging alles viel zu schnell. Katara wollte sich den Falken mit ihrer Wasserschlinge krallen, bevor er verschwinden konnte, doch wurde stattdessen von einer riesigen Welle seitens des Delfins umgehauen. Diese Ablenkung nutzte er, um zusammen mit dem Falken und Aang durch einen der Ausgänge aus der Höhle zu flüchten. Als Katara sich aus den schweren Wassermassen befreite, waren sie bereits verschwunden. Nur noch der Kolibri stand ihnen gelangweilt gegenüber.

 

"Ich empfehle euch einfach hier zu warten, bis ich ebenfalls gehe. Das wäre für euch die schmerzloseste Variante."

 

Toph starrte grimmig auf den Boden; sie spürte immer noch den Einfluss, den der Falke auf ihre Bändigerkräfte ausübte. Doch sie wollte garantiert nicht nutzlos in der Gegend herumstehen und den Banditen damit erlauben, dass sie Aang einfach so vor ihren Augen kidnappen konnten. Deshalb bat sie Katara, dass sie sich an ihr festhielt, sodass sie in Ruhe angreifen konnte. Und kaum griff die Wasserbändigerin nach ihrem Ärmel, bombardierte Toph auch schon die gesamte Höhle mit Steinen.

 

Der Kolibri hatte es nicht leicht, allen Geschossen gefahrlos auszuweichen, doch er tat seine Sache ziemlich gut und landete unbeschadet auf dem Boden. Nachdem allerdings auch Katara anfing, den Untergrund unter ihren Füßen mit Eis zu versehen, wurde es immer schwerer für die flinke Maskierte, die zwei Bändiger hinzuhalten. Schließlich realisierte Katara sogar, dass der Kolibri wahrscheinlich überhaupt keine Bändigerkräfte hatte und sich demnach allein auf ihre Ninja-Fähigkeiten verlassen konnte, was die ganze Sache erleichterte.

 

Noch dazu kam, dass die Unterstützung seitens Team Avatar nun auch endlich eingetroffen war.

    

Kaum war der Kolbri einem von Tophs Brocken ausgewichen, kamen ihr auf einmal ein Boomerang und eine Wand aus Flammen entgegen. Nur mit viel Mühe gelang es ihr, an beiden Attacken vorbei zu ziehen, jedoch konnte sie dem Feuer nicht vollständig ausweichen. Mit einem schmerzerfüllten Schrei ging sie zu Boden.

 

"Sokka, da bist du ja endlich!" rief Toph schnaufend aus und genoss die Wärme, die seine Hand auf ihrer Schulter hinterließ. Gleichzeitig bemerkte sie den zweiten Jungen, dem sie schon seit geraumer Zeit nicht mehr begegnet war. Kataras kleiner Freudenschrei machte ihr deutlich, dass es tatsächlich der Feuerlord persönlich war, der neben Sokka zum Stehen kam. "Zuko!"

 

Das Mädchen mit der Maske kauerte auf der Erde, während sie sich vorsichtig über ihr Gesicht streifte. Ein Teil ihrer Maske war verschmort und hinterließ schwarze Rußflecken auf der unteren Hälfte ihres Gesichtes, welche nun unbedeckt war. "Das wirst du büßen", brüllte sie hasserfüllt in die Richtung des Feuerbändigers. In einer fließenden Bewegung richtete sie sich auf und zog ihren Pferdeschwanz fest.

 

"Ihr habt noch lange nicht alles gesehen!" Ein Blinzeln war genug, um sie aus den Augen zu verlieren und sie verschwand durch den selben Ausgang, den ihre Kumpanen genommen hatten. Diesen Moment nutzte Toph für eine kurze Verschnaufspause. Auch Katara schien sich etwas zu beruhigen und rannte hinüber zu Zuko, um ihn zu umarmen.

 

"Mir war nicht bewusst, wie gefährlich die Situation war, in die ihr euch begeben habt", murmelte der Feuerlord. "Aber mein Gefühl und die Informationen, die ich bereits über den Goldenen Efeu gesammelt hatte, ließen mich nicht in Ruhe. Deshalb bin ich so schnell wie möglich her gekommen. Und es war garantiert die richtige Entscheidung."

 

"Er irrte in einer Gasse herum, als ich euch hinterher gerannt war. Das Timing war perfekt", rief Sokka stolz und streckte seine Brust heraus. Ein Klopfen auf seinen Rücken war jedoch die einzige Belohnung, die er bekam. Danach wandte sich Katara wieder den dringerenden Dingen zu.

 

"Wir müssen Aang so schnell wie möglich aus ihren Fängen befreien."