Die Lage war sichtlich angespannt, als die Krone vor die Füße des Falken rollte. Entgeistert starrten Zuko und Katara ihr hinterher. Der Anführer des Goldenen Efeus beugte sich nach vorne und wollte die Krone gerade aufheben, als Katara ihn anbrüllte, dass er sie ja nicht anfassen sollte. Vergnügt ging der Falke deshalb in die Hocke und richtete seinen Blick in ihre Richtung.

 

Spielerisch ließ er die Krone von Hand zu Hand kullern und zeigte der zornigen Wasserbändigerin so, dass er sie und ihren Wert noch nicht einmal wertschätzte. "Möchtest du dich noch einmal gegen den Erdkönig auflehnen, Mädchen?" trällerte der maskierte Junge provozierend und setzte sich das kostbare Edelmetall endlich auf den Kopf. Genau in diesem Moment hörte man den Delfin aufstöhnen. "Du hast das Teil und deinen Titel jetzt, können wir dann verschwinden?" Er war immer noch ziemlich genervt davon, dass er am Boden lag und die ganze Zeit durch Sokkas Schwert dort festgehalten wurde.

 

"Hm, ja, du hast recht." Der Falke drehte sich zurück zu seinem Freund und legte den Kopf schief. "Sieht unbequem aus", lachte er und machte sich über die missliche Lage des Delfins lustig. Der schien jedoch lange nicht so amüsiert darüber zu sein wie sein Boss. Murrend versuchte er sich von der Klinge zu befreien, doch Sokka ließ nicht zu, dass er seinen Gefangenen verlieren würde und hielt sein Schwert weiterhin standhaft gegen seinen Rücken.

 

Im nächsten Augenblick hörte Sokka ein Klacken neben seinem Ohr und spürte etwas Kaltes an seiner Schläfe. "Du bist spät", bemerkte der Junge mit der Vogelmaske, aber man hörte deutlich die Belustigung in seiner Stimme. Katara riss plötzlich die Augen groß auf und lief ein paar Schritte auf ihren Bruder zu.

 

"Stehen bleiben oder der Typ hier ist Geschichte."

 

Sokka wagte es sich, seinen Kopf ein wenig zur Seite zu rücken, um zu sehen, wer oder was dort neben ihm stand. Er erkannte den Lauf einer Pistole an seinem Gesicht. Sie gehörte dem vierten Anführer des Goldenen Efeus: Der Fuchs.

 

Da der Krieger nun ebenfalls in Gefahr war, lockerte er den Griff um sein Schwert und ließ es aus seiner Hand gleiten. Der Delfin atmete laut aus und richtete sich daraufhin auf, um sich nur kurz danach wie ein Wilder zu strecken. "Hätte deine Hilfe nicht gebraucht", murmelte er zum Fuchs, der immer noch die Waffe auf Sokka gerichtet hatte. Die langen blonden Haare und die weibliche Stimme verrieten den Anwesenden, dass sie ein Mädchen war.

 

Sokka versuchte einen Schritt zur Seite zu gehen, um ein wenig Abstand zur Pistole zu bekommen, doch dem stimmte die Maskierte nicht zu und sie ließ ihre Waffe bedrohlich knacken. Sie war nun geladen und bereit abgefeuert zu werden. "Weißt du, das solltest du wirklich lassen. Manchmal zittern meine Finger unkontrollierbar und ich kann nichts dagegen tun. Wäre doch schade, wenn mir ein kleines Missgeschick passiert."

 

Obwohl diese Aussage den Anwesenden - und besonders Sokka - Angst machen sollte, war es der Delfin, der plötzlich auflachte. "Wo hast du denn das Teil her?" Der Fuchs blickte ihn aus dem Augenwinkel an. "Wurde mir geschenkt." Der sarkastische Unterton in ihrer Stimme ließ vermuten, dass der Fuchs und der Delfin keine besonders guten Freunde waren. 

 

"Es wird Zeit", unterbrach der Kolibri die beiden und drückte den Fächer wieder näher an Aangs Kehle. Das sorgte dafür, dass die Aufmerksamkeit zurück auf den Avatar gezogen wurde. "Na gut, wenn der Fuchs hier ist, scheinen die Vorbereitungen abgeschlossen zu sein. Wir verabschieden uns dann mal für's Erste." Der Falke hob schlagartig seine Hände in die Luft und nahm damit gleich zwei Leute gleichzeitig gefangen. Katara und Zuko waren binnen weniger Moment von Felsen umzingelt, die sie bewegungsunfähig machten.

 

Derweil stieß der Kolibri den Thron mit ihrem Fuß um, sodass dieser drohte auf den ehemaligen Erdkönig zu fallen. Das konnte Toph zum Glück in letzter Sekunde verhindern, indem sie einen Stein zwischen dem Mann und dem Thron  schob, der dafür sorgte, dass er nur Zentimeter über dem Kopf zum Stehen kam. Im selben Augenblick warf der Delfin eine Rauchgranate, die die komplette Sicht einschränkte und die Flucht damit einleitete.

 

Kaum konnte man wieder einigermaßen sehen, fiel sofort auf, dass die Efeu-Mitglieder erfolgreich entkommen waren. "So ein Mist!" brüllte Toph und stieß wütend ihren Fuß gegen den Thron, den sie eben noch vor dem Umkippen bewahren konnte. Sie konnte einfach nicht glauben, dass sie schon wieder flüchten konnten und sogar erneut mit Aang. 

 

"Und was nun?" stellte Sokka enttäuscht die Frage aller Fragen in die Runde. Er deutete auf die übriggebliebenen Soldaten des Goldenen Efeus, die ihre Waffen auf die Gruppe und die königlichen Wachen richteten. Sie waren allerdings mindestens genauso ratlos wie der Rest. Verunsichert schauten sie sich gegenseitig an und schienen zu überlegen, ob ein Angriff wirklich Sinn machte. Darauf reagierte Katara als erste.

 

"Ihr wollt das doch alles gar nicht, oder?" Verständnisvoll ging sie mit ausgestreckter Hand einen Schritt nach vorn. "Wir können eine Lösung zusammen finden. Versprochen. Aber wir müssen deswegen nicht aufeinander losgehen!" Die Worte der Wasserbändigerin berührten die Herzen der Gegner und sie fingen langsam an, ihre Waffen zu senken. "Sie haben uns einfach allein gelassen", murmelte einer von ihnen und knirschte wütend mit den Zähnen.

 

"Allein gelassen?" hakte Sokka nach. Das klang ganz nach wertvollen Informationen. Seine Schwester war schließlich so weit vorgerückt, dass sie einem der Männer vorsichtig eine Hand auf die Schulter legen konnte. "Ihr könnt uns vertrauen; wir wollen euch nicht bekämpfen." Mit sehr viel Überzeugungskraft gelang es Katara schließlich, dass der Junge anfing, seine Geschichte zu erzählen.

 

"Wir sind alles Flüchtlinge. Wir sind aus verschiedensten Teilen der Welt nach Ba Sing Se gekommen und wollten neu anfangen. Ich bin Erdbändiger, aber wir haben auch Feuerbändiger oder Leute, die gar nicht bändigen können in unseren Reihen. Eines Tages wurden wir vom Kolibri angesprochen. Sie erzählte uns, dass der Goldene Efeu eine Zuflucht für Menschen ohne Heimat und uns gerne ein Zuhause bieten würde. Dafür müssten wir nur unsere Kräfte zur Verfügung stellen." Katara blickte zu Sokka; das hörte sich stark nach dem Dai Li von damals an.

 

Der Junge fuhr fort, obwohl seine Schultern anfingen zu zittern. Mittlerweile hatten sich auch Zuko und Toph zu ihm dazu gesellt, um ihn besser zu verstehen. "Sie teilten uns in Gruppen auf, die je einem der Anführer unterstellt waren. Ich gehöre, wie die meisten hier auch, der Gruppe des Delfins an. Nach reichlich viel Training durften wir endlich raus und Aufträge erledigen. Das große Ziel war den Erdkönig zu stürzen, sodass der Falke seinen Posten übernehmen konnte. Aber dabei sollte es nicht bleiben." Er schluckte kurz und legte sich die nächsten Worte gut zurecht, bevor er sie aussprach.

 

"Jeder der Anführer will eine Nation beherrschen."

 

Zuko runzelte verwirrt mit der Stirn. Ihr Ziel war also die Weltherrschaft? Das klang nach einem großen Plan. "Das heißt, nachdem sie das Oberhaupt des Erdreiches entthronen konnten, ist es nun Zeit für die nächste Nation, oder? Welche?" Die vier Maskierten waren so schnell verschwunden. Das musste bedeuten, dass sie bereits auf dem Weg waren, ihren Plan weiter auszubauen. Ein neuer Herrscher musste her.

 

Der Junge schaute auf, sein Freund neben ihm ballte seine Fäuste. Es schien nun seiner Nation an den Kragen zu gehen. "Sag schon!" forderte Toph und griff ungeduldig nach seinem Shirt, um ihn damit bedrohlich an sich zu ziehen. Der Einschüchterungsversuch war ein voller Erfolg. "Wasserstamm. Sie sind auf dem Weg zum Nördlichen Wasserstamm."

 

Die besorgten Blicke von Katara und Sokka trafen aufeinander. "Wir müssen schleunigst dahin!" bestimmte schließlich der Ältere von den beiden und begann aus dem Saal zu stürmen. "Nein!" brüllte ihm der Junge hinterher, doch er war bereits verschwunden. Er wandte sich deshalb an seine Schwester. "Sie sind gefährlich! Ich meine, ihr habt doch gesehen, wie einfach sie den Avatar gefangen genommen haben. Ihr könnt sie nicht aufhalten. Niemand kann das!"

 

"Lass das mal schön unsere Sorge sein", grinste Toph ihn jedoch nur selbstbewusst an und ließ wieder von ihm ab. Sie nickte Katara zu und gab ihr damit das Zeichen, dass sie gehen sollten. Die Braunhaarige bedankte sich bei dem jungen Mann und versprach ihm, dass alles wieder gut werden würde. Der Avatar würde so etwas nicht gutheißen. Das beruhigte ihn zwar nicht sonderlich, war aber die einzige Zusicherung die Katara ihm geben konnte, bevor sie gemeinsam mit Zuko und Toph den Palast verließ.