Aus der Sicht des Erzählers:

 

Es war kurz vor zwölf Uhr.
Zwei Jugendliche, ein Junge und ein Mädchen, standen mit großen Augen vor dem geschlossenen Schultor der Akademie. Sie starrten verzweifelt zur Schule. 
"Was machen wir den jetzt, Kanata?" murmelte das Mädchen. "Woher soll ich das wissen? Laut Einladung hätten wir noch 20 Minuten, bis wir überhaupt da sein sollten", gab der Jung etwas genervt von sich. Vergebens rüttelte er mit seinen Händen an den Gitterstäben des Tores. Als er bemerkte, dass dies nichts brachte, trat er wütend gegen die angrenzende Mauer.

 

"Ich wusste, dass es keine gute Idee war, erst so spät zu kommen", flüsterte das Mädchen, "die anderen neuen Schüler tragen bestimmt schon ihre Uniformen und richten ihre Zimmer ein. Und wir? Wir schlafen bestimmt heute hier."
"Denk jetzt bloß nicht daran, hier herumzujammern, Sachiko. Das kann ich jetzt echt nicht gebrauchen! Früher oder später wird schon irgendjemand hier vorbei kommen, versprochen", rief Kanata leicht überfordert und versuchte seine Schwester zu beruhigen. Nach ungefähr fünf Minuten, die ihm selbst wie eine Ewigkeit vorkamen, gelang ihm das immerhin auch und Sachiko hatte sich wieder gefangen. Gemeinsam überlegten sie nun, wie sie doch noch auf das Schulgelände gelangen konnten.

Plötzlich erklangen zwei Stimmen, die sich langsam aber sicher auf sie zu bewegten.

"Misaki, jetzt renne doch nicht so schnell!" rief die männliche Stimme, die an sich ganz sympathisch klang. "Du bist eher zu langsam mit deinem Schneckengang. Tsubasa", fauchte eine Frauenstimme. Von weitem sah man sie schon mit hastigen Schritten über den Campus eilen.

 

"Komisches Pärchen", flüsterte Kanata seiner Schwester zu. Diese nickte nur und sah sich die beiden genauer an. 

Das Mädchen trug helle, rosane Haare, die bis zur Schulter reichten. Ihr Blick war genervt und sie lief etwas schneller als der Junge. Dieser hatte dunkelblaue Haare, die unter einer orangenen Mütze hervorstachen. Er selbst sah wesentlich entspannter aus, als das Mädchen.

 

"Hey! Ihr da!" grölte Kanata, um die Aufmerksamkeit der beiden zu bekommen. Als er sich sicher war, dass die Streitenden ihn gesehen hatten, rief er etwas leiser, aber dennoch mit fester Stimme: "Lasst uns rein! Die Eröffnungszeremonie fängt gleich an und wir haben nicht unbedingt Lust, zu spät zu kommen."

Sofort beendeten die zwei ihre Diskussion und näherten sich mit fragenden Blicken dem Tor. Dort stand Kanata lässig mit den Händen in den Hosentaschen und lehnte langsam vor. Seine Schwester verschwand hinter seinem Rücken; ihr war die Situation sehr unangenehm "Huch, wer seid ihr denn?" murmelte Misaki und musterte dabei die Geschwister hinter dem Tor. "Wir sind neue Schüler, was sonst?" antwortete Kanata genervt. Etwas verwundert über die trotzige Reaktion des Jüngeren konnte Misaki nichts erwidern. Viel Zeit blieb ihr dafür sowieso nicht, da er fortfuhr: "Wir sollten um zwölf Uhr hier sein, aber wie ihr sehen könnt, ist das Tor zu und wir kommen nicht rein." Er hielt einen Zettel in der Hand, der nicht besonders umsorgt wurde und daher halb zerfetzt im Wind wehte. Mit erwartungsvollem Blick wedelte Kanata mit dem Blatt vor ihrer Nase herum.

 

"Zeig mal her", rief Tsubasa und trat näher an das Tor heran. Auch wenn er leicht verwirrt von dem Zustand des Zettels war, nahm er das zerpflückte Stück Papier entgegen und las sich das durch, was man noch halbwegs lesen konnte.

"Verstehe, da ist ein Tippfehler. Die anderen Neulinge hatten das selbe Problem, sind aber schon zu ihrem Glück vor zwei Stunden aufgetaucht." Seine Schultern zuckend gab er das Blatt Kanata zurück. Die Rosahaarige reagierte sofort: "Ich hole einen Lehrer, wenn hier schon kein Sicherheitspersonal zu finden ist. Der lässt euch sicherlich rein." Sie eilte lächelnd in Richtung Schuldgebäude. Gleichgültig schaute ihr Kanata nach, während sich Sachiko weiterhin vor den Fremden versteckte.

 

Ein paar Minuten später kam sie mit einen hochgewachsenen, älteren Mann wieder. Auf dessen Schulter quakte munter ein kleiner grüner Frosch. "Ich habe Jinno gefunden und ihm auf dem Weg hierher alles erklärt", grinste Misaki. Der Mann kam währenddessen auf die Jugendlichen zu und öffnete das Tor mit einem Schlüssel. Mit einem seltsamen Blick musterte er die beiden erst einmal. Auch Kanata sah sich den Lehrer genau an. "Der sieht ziemlich schräg aus, findest du nicht, Sachiko? Sieht aus, als hätte er irgendetwas genommen so komisch, wie er uns anstarrt." Diese Feststellung wurde zu seinem Glück nicht von Jinno wahrgenommen.

Letzterer erhob schließlich das Wort: "Kommt mit, ich werde euch zu euren Zimmern bringen und euch registrieren lassen." Sachiko, die schon einige Zeit auf das kleine grüne Anhängsel des Lehrers starrte, erwiderte nichts. Daher stimmte Kanate zu: "Alles klar."

"Eure Arbeit ist hier getan. Geht wieder zurück in die Schule!" rief Jinno Tsubasa und Misaki zu, die sich schleunigst aus dem Staub machten. Nicht aber, ohne noch einmal gründlichst die Gesichter der Neulinge zu studieren.

 

Jinno brachte die Kinder sofort in einen Raum innerhalb der Akademie. Er räusperte sich und erlangte so die Aufmerksamkeit der beiden Schüler: "Also... Ich werde euch nun ein paar Fragen stellen, die ihr wahrheitsgemäß beantwortet. Danach bringe ich euch zu euren Zimmern." 

 

Als das recht kurze Interview beendet war, heftete er nach einigen Überlegungen zwei kleine goldene Sterne an Sachikos Oberteil und drei Sterne an Kanatas Oberteil. Dazu sprach er: "Diese Sterne müsst ihr immer an eurer Kleidung tragen. Sie symbolisieren euren Rang." "Wie meinen sie das, Sensei?" kam es leise von Sachiko. Sie war vom Auftreten des Lehrers sehr eingeschüchtern und musste sich dazu durchringen diese Frage zu stellen.

"In dieser Akademie befinden sich Grund-, Mittel- und Oberschule, in denen Schüler zusätzlich durch Sternenränge hierarchisiert sind. Diese können aus bis zu drei Sternen oder auch einen Spezialstern bestehen und geben an, wie gut die Alice, also die Schüler, ihre Kräfte beherrschen und wie stark diese ausgeprägt sind. Genaueres wird euch später noch erklärt." Er schnaufte kurz und richtete sich seine Brille. "Folgt mir, ich bringe euch in eure Zimmer." Ohne darauf zu achten, ob die Kinder hinterher kommen, lief er los.

 

Auf dem Hof angekommen erklärte er kurz, dass die Schlafräume, in denen sie eingeteilt werden, nach Sternenrang sortiert sind. Daraufhin betraten sie das Wohnheim. Zuerst gingen sie zu den Mädchenschlafräum für zwei Sterne. Dort lieferte Jinno Sachiko auf dem Flur ab mit den Worten: "Du wirst dein Zimmer schon finden." Bevor Kanata mit Jinno zu den Jungenschlafräumen weiter ging, verabschiedete er sich von seiner Schwester: "Pass auf dich auf, Sachiko." Das braunhaarige Mädchen umarmte ihren Bruder fest und er wusste, dass sie anfangen würde zu weinen, wenn dies noch lange so weiterging. Deshalb schob er sie von sich weg und ging mit einem letzten Blick um die Ecke.

 

Im Jungenschlafsaal angekommen verabschiedete sich Jinno genauso schnell von Kanata wie von seiner Schwester und ließ ihn allein auf dem Flur stehen.

Nun mussten Kanata und Sachiko völlig auf sich allein gestellt ihre Zimmer suchen, was sich als recht schwer herausstellte, da es sehr viele Zimmer gab. Nach einigen Gesprächen und zahlreichen geschlossenen Türen hatten sie dann doch irgendwann das richtige Zimmer gefunden. Als sie also die Türen ihrer Zimmer öffneten, standen die Geschwister jeweils vor einer weiteren Person.